Die Bundesanwaltschaft schliesst ihre Strafuntersuchung gegen Morgan Stanley (Switzerland) GmbH qualifizierter Geldwäscherei mit einem Strafbefehl ab
Mit Strafbefehl vom 27. Februar 2025 stellt die Bundesanwaltschaft (BA) fest, dass die Morgan Stanley (Switzerland) GmbH bzw. das Vorgängerunternehmen Bank Morgan Stanley (Switzerland) AG bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen traf, um zu verhindern, dass einer ihrer Kundenberater im Jahr 2010 qualifizierte Geldwäscherei betreiben konnte. Dies mit Vermögenswerten, welche ursprünglich aus Bestechungshandlungen in Griechenland stammten. Mit vorliegendem Strafbefehl auferlegt die BA der Morgan Stanley (Switzerland) GmbH eine Busse von einer Million Schweizer Franken und schliesst den Fall ab.
Ursprung: Bestechungshandlungen in Griechenland
Aus Untersuchungen der griechischen Strafverfolgungsbehörden geht hervor, dass der ehemalige griechische Verteidigungsminister Apostolos-Athanasios Tsochatzopoulos (nachfolgend Tsochatzopoulos) und Verbündete Schmiergelder entgegennahmen und diese deliktisch erlangten Vermögenswerte im Nachgang wuschen [1].
Anlasstat für das Strafverfahren der BA wegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Unternehmens: Qualifizierte Geldwäscherei
Ein Teil der oben genannten, in Griechenland gewaschenen Bestechungsgelder floss dann auf Konten eines Strohmanns und Cousins von Tsochatzopoulos in der Schweiz bei der Bank Morgan Stanley (Switzerland) AG (nachfolgend «BMSAG») [2]. Während des relevanten Zeitraums im Jahr 2010 erbrachte die BMSAG mit Sitz in Zürich hauptsächlich Private-Banking-Dienstleistungen in der Schweiz.
Die BA eröffnete in diesem Zusammenhang 2014 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der qualifizierten Geldwäscherei gegen einen heute 57-jährigen Kundenberater der BMSAG, welcher damals für die Verwaltung der Kundenbeziehung des Cousins von Tsochatzopoulos zuständig war. Die BA wirft dem beschuldigten Kundenberater mit griechisch-deutscher Doppelbürgerschaft im Rahmen des betreffenden Strafverfahrens vor, als Kundenberater der BMSAG und als Verwalter der Kundenbeziehungen des Cousins von Tsochatzopoulos von 1999 bis 2012 vorsätzlich die Einziehung von deliktisch erlangten Vermögenswerten aus den vorgenannten Bestechungszahlungen an Tsochatzopoulos vereitelt und sich damit der qualifizierten Geldwäscherei schuldig gemacht zu haben.
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sprach den Kundenberater mit Urteil vom 8. Oktober 2019 erstinstanzlich wegen qualifizierter Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 lit. b StGB) schuldig [3]. Sie hielt dabei fest, dass er in Missachtung der bankinternen Richtlinien zur Verhütung von Geldwäscherei gehandelt habe, unter anderem indem er vorsätzliche Schritte zur Täuschung der Compliance-Abteilung der BMSAG und zur Verschleierung der Geldwäschereitransaktionen vorgenommen habe.
In zweiter Instanz wurde der Kundenberater mit Urteil vom 14. Juni 2023 [4] von der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts unter anderem in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) von den Vorwürfen vor Juli 2010 freigesprochen. Für vier Transaktionen im Juli und August 2010 wurde der Kundenberater der qualifizierten Geldwäscherei schuldig gesprochen.
Das Urteil der Berufungskammer ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen, da das Verfahren gegen den Kundenberater aktuell vor Bundesgericht hängig ist.
Verantwortlichkeit nach Art. 102 StGB
Aus den Akten der oben genannten Strafuntersuchung gegen den Kundenberater und aufgrund des genannten erstinstanzlichen Urteils gegen ihn ergab sich der begründete Verdacht, dass die Organisation der BMSAG Mängel aufgewiesen haben könnte, welche dazu geführt haben, dass die BMSAG die Geldwäschereihandlungen des Kundenberaters nicht entdeckte bzw. nicht verhinderte. Entsprechend eröffnete die BA 2020 eine Strafuntersuchung gegen die nunmehr umstrukturierte BMSAG – die Morgan Stanley (Switzerland) GmbH – wegen des Verdachts der Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102 Abs. 2 StGB) im Zusammenhang mit den Anlasstaten des Kundenberaters (qualifizierte Geldwäscherei). Morgan Stanley (Switzerland) GmbH übernahm die noch bestehenden Verpflichtungen der ehemaligen BMSAG, verfügt jedoch nicht über eine Banklizenz und ist nicht operativ als Bank tätig.
Nach umfangreichen Ermittlungen kommt die BA zum Schluss, dass die BMSAG nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren traf, um die qualifizierte Geldwäscherei durch den Kundenberater zu verhindern. Wie die von der BA durchgeführte Untersuchung zeigte, verfügte die BMSAG zwar über Geldwäschereibekämpfungs-Richtlinien und -Prozesse, versäumte es bei deren Umsetzung aber, die mit den vier relevanten Geldwäschereitransaktionen vom Juli und August 2010 verbundenen Geldwäschereirisiken angemessen zu identifizieren und zu verhindern sowie die Herkunft der Gelder genügend abzuklären. Die Bank versäumte es dabei insbesondere, die irreführenden und täuschenden Angaben des Anlasstäters gegenüber der eigenen Compliance angemessen zu hinterfragen. Das hat dazu geführt, dass die BMSAG die Anlasstat nicht erkannt und nicht verhindert hat.
Die Anlasstat ist demnach der Morgan Stanley (Switzerland) GmbH zuzurechnen, weshalb die BA einen Strafbefehl wegen Verantwortlichkeit des Unternehmens erlässt (Art. 102 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 102 Abs. 1 und Abs. 3 sowie mit Art. 305bis Ziff. 1 und Ziff. 2 lit. b StGB).
Mit vorliegendem Strafbefehl auferlegt die BA der Morgan Stanley (Switzerland) GmbH eine Busse von einer Million Schweizer Franken. Die Verfahrenskosten werden ihr ebenfalls auferlegt. Dieser Entscheid berücksichtigt die Zusammenarbeit der Morgan Stanley (Switzerland) GmbH mit der BA in der Untersuchung und den Zeitablauf seit Begehung der Anlasstaten.
Da die Morgan Stanley (Switzerland) GmbH der BA mitgeteilt hat, auf eine Einsprache gegen den Strafbefehl zu verzichten, ist dieser in Rechtskraft erwachsen und kann zu den üblichen Bedingungen über den Rechtsdienst der BA eingesehen bzw. anonymisiert angefordert werden: rechtsdienst@ba.admin.ch.
Quelle: Bundesanwaltschaft BA
9.3.2025
[1] Für Auskünfte zu diesem Sachverhalt sind die griechischen Strafverfolgungsbehörden zuständig.
[2] Gegen den Cousin von Tsochatzopoulos führte die BA ein separates Strafverfahren, welches mit Strafbefehl und einer Einstellungsverfügung abgeschlossen wurde. Der Strafbefehl und die Einstellungsverfügung sind rechtskräftig und können zu den üblichen Bedingungen beim Rechtsdienst der BA angefragt werden: rechtsdienst@ba.admin.ch.
[3] Urteil SK.2018.73 vom 8. Oktober 2019 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts, abrufbar auf der Homepage des Bundesstrafgerichts.
[4] Urteil CA.2020.7 vom 14. Juni 2023 der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts, abrufbar auf der Homepage des Bundesstrafgerichts.