Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare» ab
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 7. März 2025 die Botschaft zur Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» verabschiedet. Er lehnt die Initiative der Mitte-Partei ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab, da sie im Widerspruch zur Vorlage über die Individualbesteuerung steht, die der Bundesrat im Auftrag des Parlaments ausgearbeitet hat.
Die Initiative will in der Verfassung festschreiben, dass die Einkommen von Ehepaaren in der Steuererklärung weiterhin zusammengerechnet und Ehepaare gegenüber unverheirateten Personen steuerlich nicht benachteiligt werden. Die Initiative betrifft ausschliesslich die direkte Bundessteuer. Die konkrete Umsetzung bliebe dem Parlament überlassen. Mögliche Modelle der gemeinsamen Besteuerung sind verschiedene Formen des Splittings und die sogenannte alternative Steuerberechnung (siehe auch Glossar).
Sollte das Parlament drei Jahre nach Annahme der Initiative noch keine entsprechenden Gesetzesbestimmungen verabschiedet haben, verlangt die Initiative in der Übergangsbestimmung eine Umsetzung durch den Bundesrat mittels einer Verordnung. Dabei soll der Bundesrat die Nichtbenachteiligung von Ehepaaren gegenüber unverheirateten Personen bei der direkten Bundessteuer mit dem Modell der alternativen Steuerberechnung sicherstellen: Konkret würde für Ehepaare neben der gemeinsamen Besteuerung gemäss heutigem Recht jeweils eine alternative Steuerberechnung anhand der geltenden Tarife und Abzüge für Unverheiratete vorgenommen und dem Ehepaar anschliessend der niedrigere der beiden berechneten Steuerbeträge in Rechnung gestellt.
Benachteiligungen von Unverheirateten bleiben bestehen
Der Bundesrat teilt das Ziel, die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren zu beseitigen. Er lehnt die Initiative jedoch aus mehreren Gründen ab.
Die Frage des Besteuerungsmodells soll dem Gesetzgeber überlassen und dessen Spielraum durch eine Verfassungsvorgabe nicht unnötig eingeschränkt werden. Die steuerliche Mehrbelastung von Ehepaaren kann mittels gemeinsamer als auch mittels individueller Besteuerung vermieden werden. Im Auftrag des Parlaments hat der Bundesrat eine Gesetzesvorlage zur Einführung der Individualbesteuerung erarbeitet, die gleichzeitig auch als indirekter Gegenvorschlag zur «Steuergerechtigkeits-Initiative» dient. Die Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» steht zu dieser Vorlage im Widerspruch.
Die Initiative der Mitte-Partei würde zwar Mehrbelastungen bei Ehepaaren abschaffen, anders als die Individualbesteuerung aber keine Zivilstandsneutralität herstellen. Je nach Konstellation würde die bestehende Benachteiligung von unverheirateten Personen gegenüber Ehepaaren in derselben wirtschaftlichen Situation weiterbestehen oder sogar noch verstärkt. Ein Vollsplitting würde die Vorgaben der Volksinitiative zwar vollumfänglich erfüllen, der Preis wäre jedoch eine vergleichsweise hohe Belastung von unverheirateten Personen. Zudem resultieren bei einem Vollsplitting hohe Mindereinnahmen, zumindest wenn es auf Grundlage des heutigen Tarifs eingeführt würde. Bei einer alternativen Steuerberechnung erfolgt bei Ehepaaren mit ungleichmässiger Einkommensverteilung im Ergebnis keine Zusammenrechnung der Einkünfte, was zu ungleichen Steuerbelastungen zwischen Einverdiener- und Zweiverdienerehepaaren führt; allerdings sieht die Übergangsbestimmung der Volksinitiative explizit eine Umsetzung mittels alternativer Steuerberechnung vor.
Die Erwerbsanreize für Zweitverdienende sind bei einer gemeinsamen Besteuerung kleiner als bei einer Individualbesteuerung. Die Gleichstellung von Frau und Mann wird dadurch weniger stark gefördert und die Möglichkeiten zur besseren Ausschöpfung des inländischen Arbeits- und Fachkräftepotenzials könnten nicht gleichermassen genutzt werden.
Finanzielle Auswirkungen
Die Auswirkungen der Volksinitiative auf die Steuerbelastung und auf die Einnahmen hängen von der konkreten gesetzlichen Umsetzung ab. Die Volksinitiative lässt dem Parlament diesbezüglich einen erheblichen Spielraum. Dieser betrifft neben der Wahl des Modells und der Gestaltung der Abzüge insbesondere auch die Festlegung der Steuertarife, die für die finanziellen Auswirkungen entscheidend ist.
Setzt der Bundesrat die Initiative provisorisch auf dem Verordnungsweg mittels der alternativen Steuerberechnung um, ist er an den geltenden Tarif und die Abzüge für unverheiratete Personen gebunden. Die Mindereinnahmen lassen sich in diesem Fall grob auf 700 Millionen bis 1,4 Milliarden Franken pro Jahr schätzen. Die untere Bandbreite ergibt sich, wenn unverheiratete Personen mit Kindern künftig nicht mehr vom günstigeren Verheiratetentarif profitieren könnten und zugleich die zivilstandsabhängigen Abzüge für Ehepaare, der Verheiratetenabzug und der Zweiverdienerabzug, abgeschafft würden.
Diese Mindereinnahmen fallen grundsätzlich beim Bund an. Weil die Kantone an den Einnahmen aus der direkten Bundessteuer beteiligt sind, würden jedoch 21,2% der Mindereinnahmen auch zulasten der Kantone gehen.
Bundesbeschluss zur Volksinitiative
Quelle: Der Bundesrat
8.3.2025
Glossar
Splitting-Modelle: Das Splitting ist eine Form der gemeinsamen Besteuerung, bei welchem die Einkommen der Eheleute zusammengerechnet werden. Das steuerbare Einkommen des Ehepaars wird für die Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes durch einen Splittingfaktor geteilt. Beim Vollsplitting beträgt der Splittingfaktor zwei; beim Teilsplitting ist er niedriger als zwei. Der so ermittelte Steuersatz wird auf das gesamte steuerbare Einkommen des Ehepaars angewendet.
Alternative Steuerberechnung: Das Modell der alternativen Steuerberechnung beinhaltet Elemente der gemeinsamen und der individuellen Besteuerung. In einem ersten Schritt werden die Einkommen der Eheleute zusammengerechnet. Auf das so ermittelte Einkommen wird der Tarif für verheiratete Personen angewendet. In einem zweiten Schritt erfolgt eine alternative Berechnung der Steuerbelastung, die sich an die individuelle Besteuerung von unverheirateten Personen anlehnt. Der tiefere der beiden Steuerbeträge wird dem Ehepaar in Rechnung gestellt.